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9.5/10
Herausragend
Ein kreideweises Gesicht, giftgrüne Haare und ein teuflisches blutrotes Grinsen - eine neue Version des kultigen Clowns “Joker”, tanzte 2019 geradewegs in die Kinos.
Vielfach gelobt und mit zwei Oscars ausgezeichnet ist Regisseur Todd Phillips Drama vor allem eines, eine sehr ungewöhnliche Comicverfilmung!
Weshalb auch derofa.de von der neuen Maske des Jokers angetan ist und was den Film unserer Meinung nach ausmacht, verraten wir Euch hier - im Review zum Kinoerfolg “Joker”.
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Originaltitel: Joker
Produktionsland: USA
Produktionsfirma: Warner Bros. Pictures | DC Films, Joint Effort, Bron Creative, Village Roadshow Pictures
Regie: Todd Phillips
Drehbuch: Todd Phillips, Scott Silver
Produktion: Todd Phillips, Bradley Cooper, Emma Tillinger Koskoff
Musik: Hildur Guðnadóttir
Länge: ca. 122 Minuten
Altersfreigabe: FSK 16
Wertung:
Autor: Jannik
Verfasst am: 09.08.2020
Neue Maske für den Joker
Im Jahr 1940 wurde er erschaffen. Seitdem wurde vielfach seine kuriose Geschichte erzählt. Das kreideweise Gesicht, die giftgrünen Haare und vor allem die blutroten Lippen, die in ein teuflisches Grinsen übergehen, machen ihn unverkennbar.
Ursprünglich für die DC-Comics erdacht, gilt der Joker heute als eine der bekanntesten Erzählfiguren des “bösen Clowns”.[1] Im Universum des Superhelden Batman ist er sicher eine der beliebtesten Figuren und als regelmäßiger Widersacher sowie Erzfeind der dunklen Fledermaus bestens bekannt.
Über die vielen Jahrzehnte seiner Existenz haben Schauspieler aller Couleur, in etlichen Produktionen, dem bizarren Narren ein Gesicht gegeben. Ob Jack Nicholson, Heath Ledger oder Jared Leto - große Namen gab es viele. Den Joker in sich zu finden, galt ganz sicher aber schon immer als besondere Herausforderung für die Darsteller.
Heath Ledgers Verkörperung des Jokers in “The Dark Knight” (2008) gilt als eine der besten. Der australische Schauspieler wurde posthum mit einem Oscar ausgezeichnet.
Während die wehenden Fahnen des “Marvel Cinematic Universe” nach den ersten zehn äußerst lukrativen Jahren, noch immer im Wind flattern, die eingefleischten Fans sich auf die nächste Phase freuen, und knallbunte, vollgepackte Actionfilme zur Standard-Comicverfilmung geworden sind, wagen Warner Bros. unter Regisseur Todd Phillips etwas völlig neues und unerwartetes. Etwas womit viele wohl nicht gerechnet hätten.
Denn wer hätte erwartet, dass mit “Joker” ein eher künstlerisches, ruhiges Drama, mit viel Erzähltiefe, lösgelöst vom “DC Extended Universe” und als eigenständiger Film erscheinen würde. Phillips erklärte hierzu, der Film handele nicht von Joker, sondern erzähle die Geschichte von dem Mann, der einmal Joker werden soll.[2]
Der Clown Joker aus einem völlig neuen Blickwinkel, in der Geschichte seines Ursprungs.
HauptdarstellerJoaquin Phoenix trägt die “neue Maske” für den Joker auf
Die gequälte Seele
Wir schreiben das Jahr 1981. Arthur Fleck lebt zusammen mit seiner Mutter Penny in einer heruntergekommenen Wohnung.
Der sensible und einsame Einzelgänger arbeitet als Partyclown und hat nicht nur beruflich schwer zu kämpfen. Regelmäßig wird er Opfer von Gewalttaten sowie Misshandlungen und nimmt Medikamente zur Regulierung einer seelischen, ihn schwer belastenden Krankheit. Einer Krankheit die wohl für einen Clown schicksalhafter und zugleich ironischer nicht sein könnte.
Nachdem sein Leben immer mehr aus den Fugen gerät und die psychische Verfassung von Arthur, auch durch den Wegfall seiner Medikamente, immer schlechter wird, beginnt seine fragile Seele sich zu verändern.
Wie die Persönlichkeit von Arthur Fleck zum wahnsinnigen Clown mutiert - das erzählt “Joker”.
Das Porträt des Antihelden
Regisseur Todd Phillips gelingt mit “Joker” eine Art Charakterstudie und Befreiung der Hauptfigur des Arthur Fleck. Für den Zuschauer ist er der klassische Antiheld und wird später zum Joker gekrönt. Doch damit dies geschehen kann, weckt “Joker” erst einmal Mitgefühl.
Arthur Fleck ist der klassische Verlierer. Ein dürrer, einsamer, verzweifelter und schüchterner Mann, scheinbar ohne soziale Kontakte. Er ist ein armes und isoliertes Wesen in den dunklen und kaputten Straßen von Gotham City. Wir sehen wie schwer Arthur es im Leben hat. Misshandlungen, berufliche Probleme, Selbstzweifel und nicht zuletzt seine schwere psychische Störung, vermitteln uns eine Vorstellung von seinem täglichen Leid.
Dadurch fühlen wir mit ihm und wünschen uns als Zuschauer Besserung für Arthur Fleck. Das bemitleidenswerte Geschöpf soll nicht mehr geschlagen, bedroht, gemobbt oder ungerecht behandelt oder gar geknechtet werden von Prüglern, Ignoranten oder der Stadt Gotham City.
Auch deshalb beschäftigte uns das Drama sehr. Zwar wusste man, dass “Joker” eine eher ungewohnte Richtung als Comicverfilmung einschlagen würde, doch nicht, welches Leben der Hauptcharakter lebt, welchen Schmerz er erleidet und welch trostloses Dasein letzten Endes von “Joker” auch explizit dargestellt wird.
So rufen die Macher ein tiefes Mitgefühl beim Zuschauer hervor. Die traurige und geschundene Persönlichkeit von Arthur Fleck und das traumatisierte Resultat ist das, worum es sich in “Joker” dreht.
Opfer, Täter, oder beides?
Eine der wichtigsten Fragen die “Joker” aufwirft ist die, ob Arthur Fleck Opfer oder Täter ist. Diesen Zwiespalt in uns auszulösen schafft die Comicverfilmung auf höchstem Niveau. Wird Gewalt und Selbstjustiz verherrlicht oder gar propagiert?
Positiv könnte man ausdrücken: Die Macher rufen Mitgefühl beim Zuschauer hervor, um die Taten danach plausibel oder glaubwürdig zu machen, damit Verständnis entwickelt werden kann. Negativ könnte man aber ebenso formulieren: Sie tun dies, um Arthur Flecks Taten zu rechtfertigen.
Genau das macht den Reiz in der Figur des Jokers aus, den Todd Phillips Version so vortrefflich porträtiert. Irgendwie gefällt es den Zuschauern, wie Arthur Fleck aus seinem inneren Gefängnis ausbricht. Wir sympathisieren mit ihm, freunden uns mit ihm an. Doch das Wie und um welchen Preis beschäftigt dennoch unseren moralischen Kompass. Ist Arthur Fleck Opfer oder Täter? Eines ist sicher: Er ist eine fiktive Ausnahmepersönlichkeit.
Fazit - Charakterstudie einer fiktiven Ausnahmepersönlichkeit
“Joker” ist eine völlig außergewöhnliche Comicverfilmung, die es so wahrscheinlich noch nie gab. Er ist für uns das Portrait eines Antihelden, einer fiktiven Ausnahmepersönlichkeit, in Form einer filmischen Charakterstudie.
Todd Phillips Version des Clowns mit dem gekünztelten Lächeln ist lebensnah, demütig und menschlich. Joaquin Phoenix in der Hauptrolle ist eine edle Besetzung, die sogar oscarprämiert wurde. Mehr muss man zu seiner schauspielerischen Ausnahmeleistung wohl gar nicht sagen. Die Erwähnung, dass der Soundtrack von Hildur Guðnadóttir ebenfalls von der Jury ausgezeichnet wurde, erfolgt hier fast beiläüfig, auch wenn wir den einzigen kleinen Makel im Score in der Variation finden. Das Hauptthema wird sehr oft verwendet und ist so stark präsent, dass es beinahe überstrapaziert wird.
Trotz vieler Elemente die zum Nachdenken und Mitfühlen anregen und seiner “Drama-Visage” vergisst “Joker” bei seiner Maske niemals, auch ein wenig Thrill aufzulegen. Auch wenn er immer wieder Bezüge zu Batman herstellt, sind diese gar nicht notwendig, wirken aber trotzdem nicht als Fremdkörper. “Joker” fokussiert sich so gezielt auf seine Hauptfigur, dass dadurch die Verwandlung von Arthur Fleck zum Clown, mit der alles durchdringenden Lache, perfekt gelingt.
Schließlich funktioniert er so in seiner Origin-Story und der damit einhergehenden Entwicklung des Charakters hervorragend. “Joker” gibt so viel für eine Basis her, dass eine Trilogie durchaus denkbar wäre. Eine Trilogie die nicht klassischen Superhelden- oder Comicverfilmungen ähnelt, sondern genauso eigen ist wie “Joker”.
Der Ansatz um einen ganz neuen Mythos um den bekannten DC-Charakter zu kreieren ist jedenfalls gemacht. Nun würden wir hier gern mit einem Witz abschließen, doch den würdet Ihr nicht verstehen.
Das war unsere Meinung zum oscarprämierten “Joker”. Was haltet Ihr von Joaquin Phoenix Schauspielleistung und der Umsetzung von Todd Phillips? Lasst es uns in den Kommentaren wissen, wir sind gespannt!
Der offizielle deutsche Trailer zu “Joker”
Sehr interessant beschrieben