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6.5/10
Ganz gut
Vier Jahre nach dem hervorragenden und extra flauschigen Vorgänger “Yoshi’s Wooly World” für die Wii U, bringt Nintendo ein waschechtes neues Yoshi-Jump ’n‘ Run auf den Markt.
Diesmal geht es etwas weniger flauschig und etwas mehr pappig zu. Doch was hat sich außer der Optik geändert?
Woran Entwicklerstudio “Good-Feel” schnibbelte, wie “Yoshi’s Crafted World” letztendlich abschneidet und warum wir lieber nochmal “Wooly World” in die Konsole werfen, erfahrt Ihr in unserem Test.
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Genre: Jump ’n‘ Run, Side-Scroller
Originaltitel: Yosshī Kurafuto Wārudo (Transkription)
Produktionsland: Japan
Entwicklerstudio | Publisher: Good-Feel | Nintendo
Musik: Kazufumi Umeda
Spielmodus: Einzelspieler, Mehrspieler (Koop-Modus mit zwei Spielern)
Spielzeit: ca. 6-8 Stunden (Hauptstory), ca. 30-35 Stunden (100%)
Sprache: Volle deutsche Lokalisierung
Plattformen: Nintendo Switch (Stand: 19.06.2021)
Altersfreigabe: USK 6
Wertung:
Testplattform: Nintendo Switch
Autor: Jannik
Verfasst am: 01.09.2019
Lesezeit: ca. 7 Minuten
Inhaltsverzeichnis
Gutes Gefühl mit “Good-Feel”
Da ist es nun, das neue Yoshi Spiel! Keine Portierung aus alten Tagen und auch kein Remake oder Remaster. Ein waschechtes, nagelneues Yoshi-Jump ’n‘ Run vom Entwicklerstudio “Good-Feel”, die auch schon das wunderbare “Yoshi’s Wooly World” für die Wii U entwickelten.
Unsere Erwartungen könnten deshalb größer nicht sein, war der Vorgänger doch so herzallerliebst umgesetzt und mit seiner flauschigen und wolligen Welt genau das richtige für uns.
Auch in “Yoshis Crafted World” wird grafisch wieder so einiges knuffiges geboten. In dieser Hinsicht steht das Spiel seinem Vorgänger in nichts nach, auch wenn uns persönlich die Woll-Optik besser gefiel. Die Details stimmen und die knuffig bunte Welt entfaltet sich im wahrsten Sinne des Wortes.
Endlich wieder knallbunte Yoshi-Action
Bastel-Papp-Optik
Dem “Crafted” im Namen machen die Entwickler von “Good-Feel” alle Ehre. Wirklich alles im neuen Yoshi-Spiel sieht handgemacht und gebastelt aus.
Die Liebe fürs Detail ist dabei offensichtlich. Dennoch wird diese Optik nicht jedermanns Sache sein und für einige zu süß und kunterbunt, vielleicht auch zu kindlich erscheinen.
Diese Art von Design gehört allerdings zur Yoshi-Reihe dazu. Schon im Jahr 1995 war der wunderschöne Wachsmalkreide-Look eine der großen Stärken von “Super Mario World 2: Yoshi’s Island” und verzauberte eine ganze Generation von SNES-Spielern.
Lobenswert hervorzuheben ist also, dass die Entwickler von “Good-Feel” dieser Tradition treu bleiben.
Damals optisch ein echtes Wunderwerk und auch heute noch schön anzusehen - das im Jahr 1995 erschienene “Super Mario World 2: Yoshi’s Island” im Wachsmalkreide-Look
“Yoshi’s Crafted World” bedient sich einer detaillierten Papp- und Basteloptik und bleibt damit dem quietschbunten Stil alter Tage treu
Grundlegende Spielmechanik
Videospieler wissen: Die Optik ist das eine, doch die spielerischen Qualitäten stehen auf einem anderen Blatt. Insgesamt bleibt “Yoshis Crafted World” hier den alten Qualitäten treu, bringt aber dennoch einige Neuerungen mit ein.
Ganz klassisch hüpfen wir mit unserem Yoshi fröhlich munter von Level zu Level. Gegner werden eingesaugt und zu Eiern verarbeiter, die anschließend geschossen werden können. Mit dem Flattern der Beine können wir einen beherzten Satz nach oben machen und kurzzeitig schweben.
Münzen, rote Münzen, Lebenssternchen und Blumen gilt es zu sammeln. Auch Schnuffel (engl. “Poochy”) ist wieder mit von der Partie und unterstüzt uns tatkräfig.
Neu hinzu gekommen ist die 2,5D-Ansicht. Vereinfacht gesagt können wir dabei, wenn es der Weg erlaubt, in den Hintergrund oder Vordergrund laufen. Außerdem kann Yoshi auf Elemente im Vorder- und Hintergrund zielen und schießen. Das haben sich die Entwickler schön ausgedacht. Gebraucht hätten wir dies jedoch nicht unbedingt.
Wichtigere Komponenten des Spiels kamen dabei nämlich zu kurz, wie wir später unter dem Abschnitt “Diverse Problemchen” noch erläutern werden.
Der neue Kniff in “Yoshi’s Crafted World” ist die 2,5D-Perspektive, welche das zielen und schießen auf Objekte im Vorder- oder Hintergrund und mehr ermöglicht
Umfang & Spielzeit
Sammelsurium an Sammelobjekten
Neu ist auch: Blumen gibt es nicht nur wie gewohnt in der Spielwelt zu sammeln sondern nun ebenfalls nach Levelabschluss für das komplettieren von 100 Münzen, 20/20 Lebenssternchen und 20/20 roten Münzen. Diese Blumen benötigt man im späteren Verlauf um weitere Welten und Level freizuschalten.
Diesmal könnt Ihr außerdem den “Schachtelkopf” namens Björn und mehrere sogenannte “Kunstgewerke” in jedem Level finden und einsammeln.
Endbosse haben zusätzliche Ziele, wie das Level in einer bestimmten Zeit oder ohne Schaden zu bestehen. Die Endbosse und Level sind zwar abwechslungsreich und schön gestaltet, aber meist leider trotz der Zusatzziele wenig herausfordern.
In sogenannten “Match”-Leveln gibt es besondere Herausforderungen, wie durch Ringe zu springen oder mit einem Solar-Auto einen Parkour zu meistern.
Jedes Level kann letztendlich sogar nochmal von der Rückseite gespielt werden. Dabei hat man die Aufgabe kleine Schnuffel einzusammeln.
Spielzeit
Diese Sammelwut treibt natürlich Spielzeit auf die Uhr. Am Umfang insgesamt mangelt es “Yoshis Crafted World” also absolut nicht.
Was die Welten und einzelnen Level betrifft, hätte aber etwas mehr nicht geschadet. Auffällig ist nämlich, dass Ihr für einen “regulären” Durchlauf nur etwa 6-8 Stunden einplanen müsst während die 100% nur mit einer deutlich längeren Spielzeit von 30-35 Stunden zu erreichen sind.
Der “Blockafeller” lässt euch nur zu neuen Welten weiterziehen, wenn ihr genügend Grinseblumen gesammelt habt
Diverse Problemchen
Kommen wir nun zum unangenehmeren Teil. Beim durchspielen stießen wir auf größere Hürden, die uns gehörig auf die Nerven gingen. Deshalb nun alle Probleme im Schnelldurchlauf:
Ungewöhnliches Eier werfen
Wer seine Eier gerne wie früher durch die Spielwelt ballert wird enttäuscht sein. Das Werfen ist nicht klassisch möglich.
Stattdessen gibt es den Modus “Hastig”, bei dem man die Taste hält, mit dem Stick frei zielt und anschließend loslässt oder den Modus “Ruhig” bei dem man die Taste einmal zu Beginn des zielens und einmal zum abfeuern betätigt.
Man muss den Entwicklern allerdings zugutehalten, dass sie bedingt durch die 2,5D-Spielwelt wohl keine andere Möglichkeit hatten. Zielgenaues werfen würde mit der klassischen Variante sicherlich sehr schwierig, weil man die Elemente im Vorder- bzw. Hintergrund nur schwer ansteuern könnte.
Dennoch hätten sich Yoshi-Fans aus alten Tagen sicher über eine Variante näher am klassischen Original gefreut, denn die erforderte noch etwas mehr Timing als heutzutage.
Auch im neuesten Ableger wird wieder munter mit Yoshi-Eiern geschossen
Kostüme
Im Vorgänger “Wooly Word” haben wir uns noch über wunderbar gestaltete Yoshis gefreut, die für Abwechslung sorgten. Verschiedene Designs, von Shy Guy über Wii U und Piranha Pflanze bis hin zur Amiibo-Freischaltung eines Baby Bowser oder Mario-Yoshis war so wirklich alles dabei.
In “Crafted World” werden uns stattdessen Kostüme geboten, die nicht nur sehr ähnlich aussehen, riesig sind und damit beim gezielten spielen hindern, sondern auch vor Angriffen schützen.
Dadurch sind diese nicht nur designtechnisch ein Rückschritt, sondern machen das Gameplay obendrein noch viel zu einfach. Das ist gleich doppelt schade.
Auch wenn die Kostüme durchaus Alleinstellungsmerkmale aufweisen, stören sie doch mehr beim spielen als sie nützen
Ätzender Zweispielermodus
Eine der großen Stärken beim Vorgänger “Wooly World” und bei Jump ’n’ Runs generell ist ein Zweispielermodus. Schließlich machts zusammen noch mehr Spaß mit viel Geschick durch die Level zu hüpfen. Nicht so in “Crafted World”. Der Zweispielermodus ist durch eine neue spielerische Komponente vollkommen verunglückt.
Wenn man sich in der geeigneten Position befindet, kann man nun auf den Rücken des anderen Yoshis springen. Daraufhin schießt der Yoshi auf dem Rücken die Eier und der andere Yoshi steuert auf normale Weise.
Zur Folge setzt man sich permanent ungewollt und automatisch aufeinander wie paarungswillige Dinos. Dadurch nervt man sich gegenseitig mit ständigem auf- und absetzen bei Sprungpassagen. Und nicht einmal deaktivieren lässt sich diese Spielmechanik, was schon nach kürzester Spielzeit den sonst so farbenfrohen Spielspaß deutlich trübt.
Freund hüpf auf! Was grundsätzlich eine nette Idee für schwierige oder unübersichtliche Passagen ist, gestaltet sich in der Praxis als katastrophales Chaos mit Nervgarantie!
Die Musik
Wurden unsere Ohren im flauschigen “Wooly World” noch mit abwechslungsreicher, fröhlicher und stimmiger Musik verwöhnt, wird die Musik von “Crafted World” tatsächlich schnell zur Qual.
Das Main Theme ist zwar wirklich süß, wird aber im gesamten Spiel nur durch kleine Abwandlungen ergänzt.
Im Grunde fühlt es sich also so an, als ob in jedem Level durchgängig der gleiche Titel läuft. Mit der Zeit entwickelt sich die Musik so zur echten Belastungsprobe, einfach weil permanent die gleiche Melodie gespielt wird.
Fazit - Ganz gutes Yoshi-Jump ’n‘ Run mit Schwächen
Am Ende bleibt “Yoshi’s Crafted World” eine durchwachsene Spielerfahrung. Yoshis neuester Ausflug ist zwar beileibe kein Totalausfall, kommt aber leider nicht an das Top-Niveau der Vorgänger heran.
Positiv
Auf der Habenseite steht eine kunterbunte und schön gestaltete Spielwelt in Papp-Optik, mit Liebe zum Detail und einer ordentlichen Portion Kreativität, nicht nur im Leveldesign sondern im gesamten Konzept. Die neuen Facetten wie die 2,5D-Ansicht sind eine nette Erneuerung, die wir aber nicht unbedingt gebraucht hätten. Außerdem positiv ist eine wie von Nintendo gewohnt knackige Steuerung sowie eine stabile und saubere Programmierung.
Negativ
Einige Probleme überschatten das neueste Yoshi-Abenteuer jedoch deutlich. Vor allem die in Endlosschleife laufende Musik nervt bereits nach geringer Spielzeit tierisch. Die Pappschachtel-Kostüme sind eintönig und wirken nicht nur uninspiriert, sondern stören obendrein auf spielerischer Ebene. Die Vielzahl an sammelbaren Objekten treibt zwar Spielzeit auf die Uhr, steht aber in keinem guten Verhältnis zur Menge an Welten und Leveln.
Am schlimmsten ist aber wohl der völlig verunglückte Zweispielermodus, der die gemeinsame Couch-Koop Erfahrung beinahe vollständig zunichte macht und konsequent den Spaß raubt!
Lieber nochmal flauscheln in “Wooly World”
Vielleicht wäre ein für Nintendo typischer und einfacher Port von “Wooly World” auf die Nintendo Switch die bessere Wahl für ein aktuelles Yoshi-Spiel gewesen, anstelle eines durchwachsenen Nachfolgers.
Für die Zukunft würden wir uns eine Fortsetzung des Knuddeldinos, gerne auch wieder von “Good-Feel” wünschen. Schließlich hat das Entwicklerstudio mit dem flauschigen Vorgänger gezeigt, dass es ein wirklich perfektes Yoshi-Spiel kreieren kann.
Fazit - Wir legen lieber nochmal “Wooly World” in die Wii U ein
Trailer
Der offizielle deutsche Veröffentlichungstrailer zu “Yoshi’s Crafted World”