Archiv der Kategorie: Josei

Aya und die Hexe (2020)

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©Studio Ghibli
  • 6/10
    derofa Durchschnittswertung - 6/10
6/10

Ganz gut

“Aya und die Hexe” ist der erste CGi-Animationsfilm vom legendären Studio Ghibli (“Chihiros Reise ins Zauberland”). Das japanische Studio ist vor allem für seine Anime-Klassiker in Zeichentrickform berühmt.

Der neueste Film nach einer Buchvorlage der britischen Schriftstellerin Diana Wynne Jones (“Das wandelnde Schloss”), handelt von dem kleinen Mädchen Aya. Aya lebt als Waisenkind in einem Heim. Als Sie von zwei ulkigen gestalten adoptiert wird, ändert sich ihr Leben schlagartig.

Ob der gewagte Versuch des Studios gelingt, in der Welt der CGI-Animation mitzumischen, erfahrt in in unserer Kritik zu “Aya und die Hexe”.

Genre: Anime

Originaltitel: Āya to Majo (Transkription)

Produktionsland: Japan

Produktionsfirma: Toho | Studio Ghibli, NHK, NEP

Regie: Gorō Miyazaki

Drehbuch: Keiko Niwa, Emi Gunji

Produktion: Toshio Suzuki

Musik: Satoshi Takebe

Länge: ca. 82 Minuten

Altersfreigabe: FSK 6

Veröffentlichung: 24. September 2021 (DVD & Blu-ray in DE)

Universum: Studio Ghibli

Vorgänger: Die rote Schildkröte (2016)

Ähnliche Titel: Mary und die Blume der Hexen (2017), Bescheidene Helden (2018), Flavors of Youth (2018)

Quellen
https://de.wikipedia.org/wiki/Aya_und_die_Hexe | https://en.wikipedia.org/wiki/Earwig_and_the_Witch | Veröffentlichung: https://www.moviepilot.de/movies/aya-and-the-witch

Wertung:   

Autor: Jannik

Verfasst am: 29.12.2021

Lesezeit: ca. 4 Minuten (Direkt zum Fazit)

Die doppelte Last

Mit “Aya und die Hexe” wagt sich Traditions-Unternehmen “Studio Ghibli” mit einem großen und unerwarteten Schritt weg vom klassischen Zeichentrick-Handwerk hin zur CGI-Animation.

Ein zeitgemäßes aber dennoch gewagtes Vorhaben, zeichneten sich die Japaner doch vor allem durch ihren unverkennbaren, handgemachten Stil aus.

Gorō, Sohn von Aushängeschild und Oscarpreisträger Hayao Miyazaki (“Chihiros Reise ins Zauberland”) wurde die zugleich ehrenvolle wie doppelt schwerwiegende Aufgabe zuteil. Doppelt schwerwiegend deshalb, weil zum einen die Altmeister rund um seinen Vater, das Zepta nun scheinbar endgültig an die jüngere Generation weitergegeben haben. Zum anderen, weil ausgerechnet diese Generation nun das riesige Ghibli-Vermächtnis und dessen Stimmungen, offensichtlich in eine moderne CGI-Kluft kleiden wollen.

Gorō Miyazaki führte übrigens bereits 2006 bei einem der “hässlicheren Entlein” des Studios “Die Chroniken von Erdsee”, sowie bei dem von der Kritik recht positiv aufgenommenen “Der Mohnblumenberg” (2011) Regie. Das neue Werk ist nach “Das wandelnde Schloss” (2004) bereits der zweite Film nach einer Buchvorlage der britischen Schriftstellerin Diana Wynne Jones.[1]

Laut der englischsprachigen Wikipedia ist Gorō der einzige im Unternehmen, der sich mit CGI-Animation auskennt.[2] In dieser Disziplin adaptierte er von 2014 bis 2015 bereits Astrid Lindgren’s Werk “Ronja Räubertochter” im Serienformat.[3]


Der mittlerweile 54-jährige Gorō Miyazaki am Zeichentisch im Ghibli-Hauptquartier in Koganei am 22. Januar 2021.[4][5] Rechts im Bild eine kleine Figur der Protagonistin Aya aus dem neuesten Film.

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©Studio Ghibli, ©Agence France-Presse/Charly TRIBALLEAU,  Quelle: https://www.thejakartapost.com/life/2021/01/26/in-miyazakis-shadow-son-goro-breaks-out-into-3d-animation-.html

Merkwürdiger Stil

Zunächst einmal präsentiert sich “Aya und die Hexe” optisch erfrischend anders.

Der Stil unterscheidet sich von dem der namhaften Studios im Bereich CGI-Animation, wie zum Beispiel “Pixar”, doch deutlicher als erwartbar war.

Während die Umgebungen gelungen wirken, machen Gesichter einen nicht zeitgemäßen, hölzern animierten sowie oft minderwertig undetaillierten Eindruck. Man möchte fast meinen Studio Ghibli hat tonnenweise internationales Referenz-Material übersehen und musste das CGI-Rad neu erfinden.

Tatsächlich gewöhnt man sich jedoch recht schnell an den simplen Look mitsamt merkwürdigen Gesichtsanimationen, die technisch nicht so recht in die heutige Zeit passen wollen. Viel wichtiger ist da die Geschichte oder?


Brandneu und doch irgendwie aus der Zeit gefallen. Der merkwürdige CGI-Stil fällt auf, wirkt mitunter billig und will mit heutigen Genre-Standards nicht so recht zusammen passen. Trotzdem hebt er sich so zumindest von der Masse ab.

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©Studio Ghibli, Quelle: https://www.nytimes.com/2021/02/03/movies/earwig-and-the-witch-review.html

Aya das Waisenkind

Die kleine, freche Aya wickelt alle um den Finger. Mit ihren Pippi Langstrumpf Söckchen weiß sie genau wie sie der Boss im Waisenhaus wird. Sogar Heimleitung und Personal tanzen nach Ayas Pfeife.

Als das junge Mädchen jedoch von zwei sonderbar ulkigen gestalten adoptiert wird, steht Aya vor der Herausforderung, sich als angehende Hexe in neuer Umgebung zurecht zu finden.


Ayas neue Eltern sind irgendwie eigenartig

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©Studio Ghibli

Kryptische Erzählung

Die Geschichte beginnt zielgerichtet und lässt schnell den Schluss zu, dass später ein gewisses Geheimnis gelüftet wird. Auch deshalb zeigt sich die Handlung lange zeit sehr kryptisch. Einerseits sorgt das für Spannung. Andererseits hält der Film den Zuschauer (zu) lange hin.

Schlimmer noch: Essententielle Fragen vieler Zuschauer, so viel sei verraten, werden am Ende unbeantwortet bleiben. Das offene Ende sorgte in sozialen Medien für Zündstoff, wie aus diversen Foren hervorgeht.

“Aya und die Hexe” wirft viele Fragen auf ohne Antworten zu liefern. Der Film macht so den Eindruck, als diene das gezeigte einfach nur dazu, irgendetwas zu zeigen. Waren der hohe Druck und die Belastungsprobe für Gorō Miyazaki möglicherweise zu viel für den Regisseur?


Die Geschichte um das kleine Mädchen Aya wirkt nicht zielführend und landet beinahe im Nichts. Aufkommende Fragen werden auch bis zum Ende nicht befriedigend aufgelöst.

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©Studio Ghibli, Quelle: https://thefilmstage.com/tag/earwig-and-the-witch/

Fazit - Eine Medaille mit zwei Seiten

“Aya und die Hexe” ist Studio Ghiblis Vorstoß, in der dreidimensionalen Computer-Welt neu aufzukeimen, nachdem über die vergangenen Jahre immer wieder über ein mögliches Ende der “Traumfabrik mit Tradition” berichtet wurde.[6] Doch vergessen wurde womöglich, dass dieses Vorhaben große Tücken birgt. Es ist eine Medaille mit zwei Seiten. CGI-Animation ist zwar zeitgemäß, spricht womöglich eine neue Generation an, doch ist es auch gerade die Form der Animation, die ohne wirkliche Substanz, schnell billig produziert wirkt.

Ghibli’s erster offizieller Film der nächsten Generation, lässt gerade deshalb verwirrt und ernüchtert zurück. Fans würden es Gorō Miyazaki und dem Studio sicher gönnen, dass der Transport von klassischem Zeichentrick und damit nicht zuletzt des Ghibli-Vermächtnisses in ein neues Zeitalter der Animationsfilme gelingt.

Wenn aber trotz Wohlwollen nur ein ganz guter Film mit Tendenz zum geht so übrig bleibt, der zudem noch technisch enorm angestaubt wirkt und an seiner schlecht auserzählten Handlung krankt, fällt es schwer frohen Mutes in die Zukunft des Studios zu blicken.

Wie es besser funktioniert zeigten bereits zweimal “Studio Ponoc”, denen als kollektiv bestehend aus ehemaligen Ghibli-Mitarbeitern rund um Yoshiaki Nishimura mit “Mary und die Blume der Hexen” und der Kurzfilmsammlung “Bescheidene Helden” wunderbare Werke gelangen, welche zeigten, dass die “Nachfolgegeneration-Ghibli” liefern kann.

“Aya und die Hexe” mit seiner Geschichte ohne Ziel, konfus und unbeeindruckend, wirkt (leider) wie der verzweifelte Versuch in der Welt der CGI-Animationsfilme mitzumischen, krankt dabei vor allem am links liegen lassen von technischen Möglichkeiten, als auch an der unbefriedigenden, eigentlich sinnigen Handlung, die zu viel verspricht.

Vielleicht ein Weckruf für Gorō und das Studio selbst, sich an den heißen Kohlen der CGI-Animation nicht die Finger zu verbrennen. Denn mit diesen müssen sie zeichnen!


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©Studio Ghibli, Quelle: https://wallpaperaccess.com/studio-ghibli-characters

Was haltet Ihr von Studio Ghiblis Versuch, die 3D-CGI-Animationswelt aufzumischen? Teilt eure Gedanken zu „Aya und die Hexe“ mit uns in der Kommentarsektion! Wir würden uns freuen. Und Totoro sicher auch.


Trailer

Der offizielle deutsche Trailer zu “Aya und die Hexe”

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©LEONINE Studios

Flavors of Youth (2018)

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©Netflix
  • 8/10
    derofa Durchschnittswertung - 8/10
8/10

Ausgezeichnet

Mit “Flavors of Youth” erschien im Jahr 2018 ein besonderes Werk aus der “Netflix Original Anime”-Rubrik.

Diesmal zeichnet sich nämlich „Comix Wave Films“ für das Paket aus drei Kurzfilmen verantwortlich. Das sind keine Geringeren als die Köpfe hinter dem (stand jetzt) kommerziell erfolgreichsten Anime aller Zeiten „Your Name“ von Makoto Shinkai. Außerdem spielen die drei Geschichten nicht etwa in Japan, sondern allesamt in China.

Nachdem wir uns mit „Bescheidene Helden“ („Modest Heroes“) bereits ein ähnliches Werk des geistigen „Ghibli“-Nachfolgers „Studio Ponoc” in unserer Kritik genauer angeschaut haben, wollten wir nun “Flavors of Youth” auf die Zeichnungen fühlen.

Ob und in welchen Facetten es der Episodenfilm vermag im Genre zu glänzen, haben wir uns genauer angeschaut.

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Genre: Anime

Originaltitel: 詩季織々(Japan), 肆式青春 (China) | Shikioriori (Transkription)

Produktionsland: Japan, China

Produktionsfirma: Netflix | CoMix Wave Films, Haoliners Animation League

Regie: Li Haoling, Jiaoshou Yi Xiaoxing, Yoshitaka Takeuchi

Produktion: Yuuta Hori, Tang Yunkang, Yasutaka Inagaki

Musik: Asuka Sakai, Yuma Yamaguchi, Rei Ishizuka, Saori

Länge: ca. 75 Minuten

Altersfreigabe: 12 (lt. Netflix)

Universum: CoMix Wave Films

Vorgänger: Your Name (2016)

Nachfolger: Weathering with You (2019)

Quellen
https://en.wikipedia.org/wiki/Flavors_of_Youth

Wertung:  

Autor: Jannik

Verfasst am: 05.07.2021

Lesezeit: ca. 7 Minuten (Direkt zum Fazit)

“Your Name”-Studio mit chinesischer Unterstützung

“Flavors of Youth” (dt. “Aromen der Jugend”) heißt die im Jahr 2018 erschienene Anime-Koproduktion zwischen CoMix Wave Films und Haoliners Animation. Die beiden Studios aus Japan und China haben sich zusammen getan, um in drei Städten, drei Geschichten zu erzählen. Was diese Geschichten vereint ist das übergeordnete Thema von prägenden Momenten der Jugend im “Slice of Life”-Stil (dt. ein Stück aus dem Leben). Außerdem haben sie untypischerweise mit der Hunan Provinz und Peking sowie Kwangchow und Shanghai allesamt den Schauplatz China gemeinsam.[1]

CoMix Wave Films ist in der Branche wahrlich kein unbezeichnetes Blatt. Mit “Flavors of Youth” scheinen die Macher nun in die Kerbe schlagen zu wollen, die sie insbesondere mit ihren vergangenen, eindrucksvollen Produktionen hervorbrachten. Denn überwiegend mit dem japanischen Regisseur Makoto Shinkai hat sich das Studio an die Spitze katapultiert. Der Erfolg gipfelte in nichts weniger als dem bisher erfolgreichsten Anime aller Zeiten - “Your Name” (2016).[2]


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©CoMix Wave Films | ©Haoliners Animation League

Doch auch viele andere Produktionen des Studios wussten in der Vergangenheit zu begeistern. Vor allem für die ebenso aufwendigen wie detaillierten Bilder und die zauberhafte Musik wurde es immer wieder gelobt. Letztendlich sind es wohl auch die herzlichen Geschichten mit Tiefgang - oft auch in einem nachdenklichen Ton - welche die Filme von CoMix Wave Films, respektive die von Makoto Shinkai ausmachen.

Unter dem Banner von Netflix “Original Anime”-Segment wurde “Flavors of Youth” am 4. August 2018 auf dem Streaming-Dienst veröffentlicht. Die Premiere fand bereits am 6. Juli 2018 auf der “Anime Expo” in Los Angeles statt.[3]

Die Variante die hierzulande auf Netflix zu finden ist, wurde als “International Version” bezeichnet. Warum das so ist bzw. worin sich diese Version zur Originalen unterscheidet, konnten wir trotz Recherche leider nicht herausfinden. Die Gerüchteküche auf Reddit spekuliert jedenfalls über eine zensierte Version für China.[4]


Kurzfilm 1 - “Die Reisnudeln”

Im ersten Kurzfilm “Die Reisnudeln” (engl. Titel “The Rice Noodles”), erzählt uns der mittlerweile erwachsene Xiao seine Geschichte aus dem Off. Er schwelgt tief in Erinnerungen an eine unbeschwerte Zeit, während uns die bildhaften Rückblicke dazu präsentiert werden.

Die schmackhaften Reisnudeln die Xiao so liebt, verbindet er mit seiner Kindheit - doch vor allem mit einem ihm tief verbundenen Menschen. Darüber hinaus waren sie unter der Prämisse “Liebe geht durch den Magen” sein Begleiter, als er während der Schulzeit seinem Traummädchen begegnete. Die wundersamen San Xian Nudeln stammten von einem “Reisnudelladen an dem nicht einmal ein Schild hing”, wie es Xiao wehmütig beschreibt.

Den Kurzfilm umgibt dabei eine Aura aus der Begeisterung für Speisen, ähnlich wie in “Food Wars”, gepaart mit einer poetisch vorgetragenen, sprachlichen Untermalung mit dem Hang zum melodramatischen, wie in Makoto Shinkais “The Garden of Words” (2013).


Ich liebe Reisnudeln immer noch. Aber sie schmecken einfach nicht mehr so wie früher.Xiao
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©Netflix | ©CoMix Wave Films | ©Haoliners Animation League | Quelle: https://makeagif.com/gif/flavors-of-youth-shikioriori-UfywyK

Xiao sehnt sich zurück nach dem makellosen Geschmack seiner Jugendzeit. So dient Xiaos Liebe für Reisnudeln als Metapher für die Liebe zur früheren Unbeschwertheit. Die Unbeschwertheit die sein Leben von Tag zu Tag mehr aufgeweicht und weniger schmackhafter gemacht hat, um schließlich zur Pampe - dem Erwachsenenalltag zu werden. Die San Xian Nudeln sind also nicht weniger als sein Anker geblieben, während sich sein Leben auf natürliche Weise verändert hat.

Wir konnten Xiaos Leidenschaft und seine positiven Erinnerungen an seine heißgeliebten San Xian Nudeln, im Zuge seiner wohlbeschriebenen Worte, beinahe schmecken. Und wie es beim Essen eben so ist - Geschmäcker sind verschieden. Diese Art von pathetischer Vorgetragenheit muss einem schon schmecken. Doch wenn sie einem schmeckt, kann man nicht genug davon bekommen!

Es ist eben ein nostalgischer Rückblick, ein schwelgen in Erinnerungen an eine bessere Zeit. Und dieser ist bekanntlich oft von Nostalgie und Wehmut geprägt, was sich auch im Ton von “Die Reisnudeln” wiederspiegelt. Xiao lässt sich jedenfalls nicht unterkriegen und stellt abschließend fest:

Vielleicht wird aus den Farben der Vergangenheit das heute gemalt.Xiao

Der erste Kurzfilm “Die Reisnudeln” ist deshalb letztendlich eine nostalgische und melancholische Reise, durch die Gedanken eines nachdenklichen Menschen, mit einer Liebe zu dem was uns sicher alle vereint - die zum Essen.

  …

… schmackhafte Schalen handgemachte Reisnudeln für den wehmütigen Xiao Ming, mit seiner leidenschaftlichen Liebe zu San Xian Nudeln.


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©Netflix | ©CoMix Wave Films | ©Haoliners Animation League

Kurzfilm 2 - “Eine kleine Modenschau

Im zweiten Kurzfilm mit dem Titel “A Little Fashion Show” treffen wir auf das erfolgreiche chinesische Model Yi Lin und ihre kleine Schwester, die angehende Designerin Lulu.

Das Modelbusiness scheint ein hart umkämpftes Pflaster zu sein, denn die Konkurrenz schläft nicht. Leistungsdruck beginnt allmählich an Yi Lins Gemütszustand zu nagen.

Sie wird älter, verausgabt sich zunehmend und Selbstzweifel umgeben sie. Ist sie so ausgebrannt, dass ihre Karriere keine Zukunft mehr hat? Als es dann zum Kollaps kommt überdenkt Yi Lin ihr Leben aber vor allem ihre innere Einstellung zum Model-Beruf.


Am Ende ist mein Körper mein einziges Kapital.Yi Lin
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©Netflix | ©CoMix Wave Films | ©Haoliners Animation League

Bei “Eine kleine Modenschau” handelt es sich wohl um den schwächsten der drei Kurzfilme, was nicht heißt, dass nicht auch er seine schönen Seiten hat.

Optisch ist er kaum weniger ansprechend als die anderen beiden Werke im Kurzfilmpaket. Auch wenn er inhaltlich zuerst etwas träge scheint, ist das Thema trotzdem interessant. Und wenn “Eine kleine Modenschau” sich dann kritisch mit dem Druck und der Oberflächlichkeit der Gesellschaft auseinandersetzt, gewinnt er an Substanz und Relevanz.

Leider wird es schlussendlich jedoch versäumt diese Kritik am oberflächlichen sozialen und beruflichen Miteinander, welches garantiert in vielen Gesellschaften existiert, voll auszuformulieren. Denn: Ob einfach gestärkt in den Sumpf zurückzukehren die richtige Aussage ist, darüber kann man sicher streiten.

Die moralische Botschaft auch nach möglicherweise unvermeidlichen, im Leben auftretenden Problemen wieder aufzustehen und sich in Widerstandsfähigkeit zu üben, macht sich “Eine kleine Modenschau” dennoch zu eigen!

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… maßangefertigte Kleider und viel Kraft für Yi Lin, die zu sich selbst gefunden hat.


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©Netflix | ©CoMix Wave Films | ©Haoliners Animation League | Quelle: https://weheartit.com/entry/317978573

Kurzfilm 3 - “Liebe in Shanghai”

Der dritte Kurzfilm mit dem simplen wie aussagekräftigen Titel “Love in Shanghai” ist den erfolgreichen Werken von CoMix Wave Films, insbesondere denen von Makoto Shinkai, wohl zweifelsohne am ähnlichsten. Ob “Your Name”, “Weathering with You” oder “5 Centimeters Per Second” - hier steckt viel Liebe drin! Nicht nur in Bezug auf die Romantik, sondern auch auf die Ausarbeitung der Handlung.

Die Geschichte aus dem Leben handelt von Li Mo welcher in Xiao Yu seinen Schwarm findet. Doch wie so oft in jungen Jahren verändern sich Umstände schnell und einst gemeinsame Wege können sich leicht auseinander bewegen. Als die Wahl der Universität sowohl für Li Mo als auch Xiao Yu ansteht, entfaltet sich eine bittersüße Liebesgeschichte zweier junger Menschen.


Vielleicht können wir ja unseren Traum dort weiter träumen, wo wir aufgehört haben.Li Mo
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©Netflix | ©CoMix Wave Films | ©Haoliners Animation League | Quelle: https://www.pinterest.de/pin/809733207979570153/

“Liebe in Shanghai” ist der Kurzfilm der beim Publikum am besten ankam. Dies geht zumindest aus zahlreichen Kommentaren und Abstimmungen im Netz hervor. Auch wir fanden den Film sehr stark, fühlten jedoch mit “Die Reisnudeln” auf persönlicher Ebene mehr mit, weshalb unsere Wertung trotz der nötigen Objektivität etwas anders ausfiel.

Dennoch ist auch “Liebe in Shanghai” ein ausgezeichneter Kurzfilm! Der melancholische Grundton, den die beiden anderen Kurzfilme bereits vorgaben, wird hier weitergeführt.

“Liebe in Shanghai” beschäftigt sich mit der Vergänglichkeit der Jugend wohl auf die romantischste Weise, die nur irgendwie möglich ist. Er weint verpassten Chancen nach, schafft es dabei tief zu berühren und lehrt die wichtige Lektion, dass man das Leben nicht zurückspulen kann!

  …

… Kassetten mit Botschaften an verflossene Jugendlieben.


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©Netflix | ©CoMix Wave Films | ©Haoliners Animation League | Quelle: https://weheartit.com/entry/317793669

Fazit - Drei Anekdoten geprägt vom Fluss der Zeit

Mit “Flavors of Youth” erreichte uns eine Kurzfilmsammlung die ohne Probleme in der Liga der ganz großen Anime-Produktionen mitspielt. Kein Wunder, zeichnet sich doch das virtuose Studio CoMix Wave Films für das liebevoll geschnürte Paket verantwortlich.

Visuell, musikalisch und auch innerhalb der Geschichten fühlt man sich unweigerlich an die herausragenden Werke des Studios erinnert. “Flavors of Youth” zeigt einfach sofort wo er herkommt. Die aufwendigen, sehr detaillierten Zeichnungen von Umgebungen, die beinahe schon in Richtung Fotorealismus gehen, sind ein weiteres mal atemberaubend anzusehen. Auch inhaltlich scheint bei den Werken von “Comic Wave Films” ein roter Faden erkennbar zu sein. So wirken die Anime oft geprägt vom Selbstfindungsprozess junger Menschen (“Your Name”, “Weathering With You”), sowie von einer nachdenklichen, philosophischen, manchmal auch melancholischen Stimmung (“The Garden of Words”, “5 Centimeters per Second”).

Nicht umsonst ist der letzte Kurzfilm “Liebe in Shanghai” eine Hommage an “5 Centimeters per Second”, der sich ebenfalls mit dem Thema der Vergänglichkeit beschäftigt.[5]


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©CoMix Wave Films | ©Haoliners Animation League | Quelle: https://weheartit.com/nolene_ltn/collections/163238408-flavors-of-youth-shikioriori

Was wir außerdem der Sammlung nicht vorwerfen wollen ist mangelnde Tiefe oder weniger Substanz als bei vergleichbaren Produktionen in Spielfilmlänge. Ein weniger dichtes Erzählkonstrukt liegt schließlich in der Natur von Kurzfilmen. Bedingt durch die kurzen Laufzeiten ist es deshalb logischerweise deutlich schwerer in dieser Disziplin zu punkten.

Mit seinem besonderen Schauplatz in China enthält “Flavors of Youth” zusätzlich sowie ganz beiläufig ein interessantes Alleinstellungsmerkmal, welches wohl auch durch die Zusammenarbeit mit den Chinesen von Haoliners Animation entstand.

In Sachen deutsche Synchronisation, die unter der Dialogregie von Arlette Stanschus bei “CSC Creative Sound Conception” erstellt wurde, wird auf dem außergewöhnlichen Niveau der übrigen auf deutsch vertonten Filme des japanischen Studios geliefert.[6]

“Flavors of Youth” ist schlussendlich ein Episodenfilm in meisterhafter Zeichenqualität, der sich auch inhaltlich nicht verstecken muss, auch wenn ihm natürlicherweise jeweils die Zeit fehlt, um in die tiefsten erzählerischen Winkel vorzudringen.

Spoiler anzeigen
Und der am Ende durch eine hergestellte Verbindung zwischen den Kurzfilmen, seine Krönung erhält.

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©CoMix Wave Films | ©Haoliners Animation League | Quelle: https://gfycat.com/gifs/search/flavors+of+youth

Trailer

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Bescheidene Helden (2018)

  • 9/10
    derofa Durchschnittswertung - 9/10
9/10

Herausragend

“Bescheidene Helden” ist ein Anime vom geistigen Studio Ghibli Nachfolger Studio Ponoc, der in Deutschland bisher exklusiv auf Netflix verfügbar ist.

Das noch junge Animations-Studio welches aus ehemaligen Mitarbeitern des legendären Studio Ghibli, allen voran Produzent Yoshiaki Nishimura hervor ging, glänzte zuletzt mit dem Spielfilm und Studio-Debüt “Mary und die Blume der Hexen” (2017).

Nachdem wir uns den Anime-Film rund um die kleine Hexe Mary in unserem Review bereits genauer angeschaut haben, wollten wir wissen, was der neueste Streich “Bescheidene Helden” von Studio Ponoc zu bieten hat.

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Genre: Anime

Originaltitel: Modest Heroes (alternativ: Modest Heroes – Ponoc Short Films Theatre, Volume 1)

Produktionsland: Japan

Regie: Hiromasa Yonebayashi, Yoshiyuki Momose, Akihiko Yamashita

Drehbuch: Hiromasa Yonebayashi, Yoshiyuki Momose, Akihiko Yamashita

Musik: Takatsugu Muramatsu, Masanori Shimada, Yasutaka Nakata

Länge: 53 Minuten

Altersfreigabe: FSK nicht bekannt (Stand: 23.02.2019)

Wertung:  

Autor: Jayes

Verfasst am: 06.10.2019


Erstes Volume des “Ponoc Short Films Theatre”

Die Japaner von Studio Ponoc liefern ein Bündel aus drei erstklassigen Kurzfilmen, welche in Deutschland bisher ausschließlich auf der Streaming Plattform Netflix erschienen sind.

Das liebevoll geschnürte Paket hört auf den Namen “Bescheidene Helden” (engl. Titel: “Modest Heroes”).

Studio Ponoc gab im März 2018 bekannt, eine neue Reihe von Kurzfilmen aufgeteilt in mehrere Volumes geplant zu haben.[1]

“Bescheidene Helden” ist nun also der erste Band des “Ponoc Short Films Theatre”-Projekts, welches jeweils aus drei Kurzfilmen mit einem übergeordneten Thema bestehen soll.


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https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Ponoc_Short_Films_Theatre_Logo.png

Kurzfilm 1 - “Kanini & Kanino”

Der erste Kurzfilm mit dem Titel “Kanini & Kanino” handelt von den beiden namensgebenden “Unterwassermenschen”, welche sich aufgrund ihrer geringen Größe, in ihrer Umwelt allerlei Gefahren ausgesetzt sehen. Ob andere Wasserlebewesen oder die Kraft der Elemente, es lauern Gefahren im kühlen Nass. Unterstützung in dieser Welt erhalten sie von ihrem Vater. Auch ihre schwangere Mutter spielt später eine Rolle.

Die Inspiration für den Kurzfilm soll laut Produzent Yoshiaki Nishimura in der Geburt des zweiten Kindes von Regisseur Hiromasa Yonebayashi liegen, während dieser er sich alleine Zuhause mit seinem kleinen Sohn befand. Wesentliche Motive sind daher die Themen Geburt, Schutz der Kinder und im Land der aufgehenden Sonne Japan häufig auftretende Naturkatastrophen.


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https://www.crunchyroll.com/de/anime-news/2019/01/04-1/ponocs-modest-heroes-anime-anthology-previewed-in-english-clip

Eine wesentliche Besonderheit am Kurzfilm vom “Arietty” und “Mary”-Regisseur Yonebayashi ist sicherlich, dass es sich um einen Stummfilm handelt, bei dem die Charaktere nur wenige Laute von sich geben. Außerdem ist er stilistisch den vergangenen Ghibli-Werken und auch dem Spielfilm “Mary und die Blume der Hexen” am ähnlichsten.

Beim Mix aus “Arietty” und “Ponyo” weiß uns besonders die Umsetzung des Wassers, welches scheinbar fotorealistisch eingearbeitet wurde, zu gefallen. Ebenso sticht die außergewöhnlich schöne Musik hervor.

Auch wenn eine wirkliche Geschichte nur untergeordnet wahrzunehmen ist, zeigt “Kanini & Kanino” wie CGI perfekt dosiert mit klassischem Zeichentrick Handwerk kombiniert werden sollte. Und das alleine schon macht den Kurzfilm zu einem Vorzeigewerk im Anime-Genre.

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… computeranimierte Fische für die Wasserratten “Kanini & Kanino”.


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https://susuwatori.tumblr.com/post/181882009879/studio-ponocs-modest-heroes

Kurzfilm 2 - “Life Ain’t Gonna Loose”

“Life Ain’t Gonna Loose” oder “Das Leben wird nicht verlieren” heißt der zweite Kurzfilm in “Bescheidene Helden”, bei dem Yoshiyuki Momose Regie führte.

Vom magischen verschlägt es uns in ein realistischeres Szenario. Ein kleiner Junge leidet an einer starken Lebensmittelallergie. Welch gravierende Auswirkungen dies auf seinen Alltag hat, und was solch ein Schicksal für ein junges Kind und seine Mutter bedeutet, dem widmet sich “Life Ain’t Gonna Loose”.


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Wie Produzent Yoshiaki Nishimura im Interview verriet, basiert der Kurzfilm auf einem kleinen Jungen den er persönlich kennt. Respekt zollen soll das Werk, der besonderen Beziehungen zwischen Müttern und deren Kindern.[2]

“Außer mir würde niemand dieses Thema behandeln”, stellt Nishimura fest.[3]

Wir freuen uns, dass er es behandelt hat. Der Film zeigt in kürzester Zeit eine Geschichte wie sie lebensnäher nicht sein könnte und gibt uns die Möglichkeit uns in die Lage der Figuren zu versetzen sowie Mitgefühl zu entwickeln. Ein wichtiges Werk, welches auch künstlerisch hervorragend umgesetzt worden ist und darüber hinaus seine Botschaft vermittelt.

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… Notfallspritzen für den tapferen Jungen mit Lebensmittelallergie.


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http://www.tumgir.com/tag/modest%20heroes

Kurzfilm 3 - “Invisible”

Im dritten, unter dem ehemaligen Ghibli-Zeichner Akihiko Yamashita entstandenen Kurzfilm “Invisible”, geht es actionreicher zu.

Eine dürre Gestalt blickt in den Spiegel. Dass es sich überhaupt um “jemanden” handelt, verrät nur die scheinbar schwebende Kleidung. Schließlich kommt unter der Sogwirkung des Soundtracks ein Werk zum Vorschein, in dem ein Mann so unsichtbar ist, dass sogar eine Kamerafahrt durch seinen Körper gleitet. Als ihn ausgerechnet ein Blinder Mann “sieht”, erreicht der Kurzfilm die Größe eines methaphorischen Meisterwerks.


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https://planetafiyu.tumblr.com/post/188469362096/modest-heroes-invisible-2018-and-you-have-you

Wie es zu “Invisible” kam ist besonders interessant. Produzent Nishimura war immer begeistert davon, wie perfekt der Chefzeichner von “Das Wandelnde Schloss” Yamashita, zu Studio-Ghibli-Zeiten Bewegungen und Menschen zeichnete. Also wollte er ihm eine besondere Herausforderung bieten und gab den Auftrag, einen Unsichtbaren zu zeichnen. Auch wenn Yamashita erwiderte dies sei unmöglich, beteuerte Nishimura, gerade deswegen solle er es versuchen.[4]

“Invisible” fängt eine unheimlich dichte Stimmung ein und erinnert dabei an einige düstere 90er Jahre Anime-Produktionen wie z.B. “Memories”.

  …

… unsichtbare Menschen für ein metaphorisches Meisterwerk der tieferen Ebenen, das man nicht nur als Anime-Fan unbedingt gesehen haben muss!


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https://planetafiyu.tumblr.com/post/188469362096/modest-heroes-invisible-2018-and-you-have-you

Fazit – Die Traumfabrik

Mit “Bescheidene Helden” hat Studio Ponoc wie schon in “Mary und die Blume der Hexen” ein außergewöhnliches Werk geschaffen, was qualitativ in beinahe allen Belangen aus der breiten Masse hervorsticht.

Zurecht erscheint zwischen den Kurzfilmen eine Art “Fabrik der Zeichnungen”, die in uns die Vorstellung von Studio Ponoc als magische “Traumfabrik” auslöste.

Durch die Abwechslung bei den Genres der drei Kurzfilme, erscheint “Bescheidene Helden” trotz seines zusammenhängenden Grundthemas, als abwechslungsreicher Anime Dreiteiler, in dem besonders Akihiko Yamashitas “Invisible” enorm herausragt.

Wir hoffen auf weitere Volumes dieser außergewöhnlichen Werke, denn durch das hohe Niveau der Produktionen, erscheint uns Studio Ponoc als letzte Bastion des klassischen Anime Kinos – und das ist wirklich heldenhaft!


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https://planetafiyu.tumblr.com/post/188469362096/modest-heroes-invisible-2018-and-you-have-you

Weathering With You (2019)

  • 8.5/10
    derofa Durchschnittswertung - 8.5/10
8.5/10

Steevo meint - Ausgezeichnet

Makoto Shinkais nächstes Meisterwerk.

Gute Geschichte, Animationstechnisch auf höchstem Niveau und sehr gute Synchro.

Meiner Meinung nach ist er fast gleichauf mit “Your Name”, man sollte die beiden Filme aber natürlich nicht vergleichen da es ja keine weiterführung ist.

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Genre: Anime

Originaltitel: Tenki No Ko

Produktionsland: Japan

Regie: Makoto Shinkai

Drehbuch: Makoto Shinkai

Musik: Radwimps

Länge: 114 Minuten

Altersfreigabe: FSK 6

Beschreibung

Weathering With You ist der nächste Film von Makoto Shinkai, vier Jahre nach dem überaus Erfolgreichen Film “Your Name”.

In dem Film Weathering With You geht es darum das es in dem Land Japan dauerhaft regnet, obwohl es Sommer ist und die Sonne strahlen sollte, es gibt aber laut Wetterbericht keine besserung.

Es gibt aber eine Hoffnung die kaum einer kennt und das ist “Das Sonnenscheinmädchen”.

Nur sie kann alles wieder in Ordnung bringen.

 

Hina am Schrein

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https://www.nytimes.com/2020/01/16/movies/weathering-with-you-review.html

Hodaka und Hina blicken Richtung Sonne

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https://ninotaku.de/weathering-with-you-review/

Nagi, Hina und Hodaka machen Freudensprünge

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https://www.sputnik-kino.com/program/movie/1887

Mary und die Blume der Hexen (2017)

  • 9.5/10
    derofa Durchschnittswertung - 9.5/10
9.5/10

Herausragend

Eine fantastische und magische Reise erwartet Euch in Studio Ponocs erstem Anime Mary und die Blume der Hexen. Ehemalige Mitarbeiter vom legendären Studio Ghibli kreierten den Film unter der Regie von Hiromasa Yonebayashi [Arrietty (2010) Erinnerungen an Marnie (2014)].
Mehr über Handschrift und Mixtur, verraten wir Euch im Review.

Genre: Anime

Autor: Jayes

Verfasst am: 13.09.2018

Wertung:  


Ein magisches Abenteuer beginnt

Das Mädchen Mary wächst in einem beschaulichen Örtchen auf dem Land auf.
Ihre Eltern scheinen sie in die Obhut der Großtante Charlotte gegeben zu haben und lassen länger auf sich warten. Da bleibt Zeit für Langeweile, aber auch für Abenteuer.

Mary ist eine gute Seele und hilft wo sie nur kann. Leider geht dies oftmals schief, denn sie ist ein kleiner Tollpatsch. Außerdem macht ihr da noch ihr rotes, zotteliges und widerspenstiges Haar Sorgen.
Der freche Peter, den Mary flüchtig bei Botengängen kennenlernt, zieht sie gerne damit auf.

Als Peters Katzen Tib und Gib, Mary in den Wald locken, stößt sie auf eine ganz besondere Blume.



Die Ghibli Handschrift beginnt beim “Studio Ponoc”-Logo

“Mary und die Blume der Hexen” ist der erste Anime in Spielfilmlänge, des bei Fans schon jetzt zum “neuen Ghibli” avancierten Animationsstudios, mit dem Namen “Studio Ponoc”.

Yoshiaki Nishimura, ehemals Produzent bei Ghibli [“Erinnerungen an Marnie” (2014)], gründete 2015 mit weiteren ehemaligen Ghibli-Mitarbeitern “Studio Ponoc”.

Niemand geringerer als Hiromasa Yonebayashi führte Regie, der im Jahr 2010 von Zeichentrick-Legende Hayao Miyazaki, seinen ersten Regieposten für “Arietty - Die wundersame Welt der Borger” sozusagen aufgezwungen bekam und mit “Erinnerungen an Marnie” in 2014, seine Fähigkeiten beeindruckend untermauerte.

Schon beim “Studio Ponoc” Logo, welches mit einer Zeichnung des Hauptcharakters Mary versehen ist, ergibt sich die erste Paralelle zum großen Ghibli-Vorbild, welches ebenfalls mit seinem knuffigen Totoro auf blauem Hintergrund, über Jahrzehnte hinweg, der Garant für die hochwertigsten klassischen Zeichentrickproduktionen überhaupt waren.

Das verwundert kaum. Schon der erste Trailer von “Mary and the Witch’s Flower” (englischer Titel) ließ Fanherzen höher schlagen. So ließ sich gleich erkennen, dass uns ein klassischer Fantasy-Zeichentrickfilm erwartet, welcher ohne CGI auskommt. Ebenso sofort ins Auge fallend, welche Werke wohl als Blaupause für “Mary und die Blume der Hexen” dienten.



Mixtur des Ghibli Vermächtnisses

“Studio Ponocs” Film wirkt stilistisch wie eine Huldigung gegenüber dem guten alten “Studio Ghibli”. Über den gesamten Film hinweg, können Ghibli-Kenner eine Vielzahl an bekannten Elementen entdecken, die mutmaßlich sogar als Inspirationsquelle gedient haben könnten.

Ob das Hexenthema selbst und das Reiten auf einem Besen wie in “Kikis kleiner Lieferserivce”, einfach nur die Schnauze eines Schweins, bei der man sofort an “Porco Rosso” denken muss, den Luftblasen aus dem wunderbaren Film “Ponyo”, Reiten auf einem Hirsch wie in “Prinzessin Mononoke” oder schlammige undefinierbare Gestalten als wären sie direkt aus “Chihiros Reise ins Zauberland” entsprungen.
Als Fan sucht man diese Vergleiche, und man hat das Gefühl, fast aus jedem Ghibli-Film etwas zu entdecken.

Der Kurs der mit “Studio Ponoc” eingeschlagen werden soll scheint klar. Wir machen da weiter, wo Ghibli aufgehört hat.



Der Sprung in die Welt der Magie

Nach einer ruhigen Einführung in Marys Welt, offenbart “Mary und die Blume der Hexen” seine Welt der Magie. Die Grundprämisse der Zauberei und Magie, schafft Platz für nahezu alle Möglichkeiten.
Individuelle Charaktere und Figuren schreiten in das Geschehen. Darunter der überaus knuffige und fantastisch synchronisierte Tutor Mr. Flanagan, der allein mit seinem lustigen Wesen für Frohsinn sorgt.



Außerdem fantastische, vielfältige Zeichnungen in der Hexenschule, die mit einem Blick nicht einmal zur Hälfte erfasst werden können.
Das Team um Yonebayashi schien sich hier jedes mal wieder selbst, gegenseitig mit Fantasie übertreffen zu wollen. Über diese kann man viel schwärmen aber erklären kann man sie nicht. Man muss sie selbst sehen.

Wo der Film leider nicht zwangsläufig das Niveau der Ghibli-Filme erreicht, ist die musikalische Untermalung. Der Soundtrack ist zwar gewohnt fantastisch, kommt während des Films aber nur selten richtig gut zur Geltung.

Dies ist jedoch nur ein kleiner Makel und aufgrund seiner magischen Komplexität eignet sich “Studio Ponocs” erstes Werk hervorragend für eine Zweitsichtung, denn diese künstlerische Vielfalt lässt sich nicht mit einem Blick erfassen.



Was bleibt?

Magische Fantasiewerke hinterlassen immer Interpretationsspielraum. Was genau “Mary und die Blume der Hexen” Aussagen möchte vermag ich nicht zu deuten. Vielleicht will der Film auch keinen tieferen Sinn ergeben, sondern einfach groß und klein mit Fantasie begeistern.

Ein besonderes Gefühl gab mir “Mary und die Blume der Hexen” dennoch.

Wenn die böse Hexe eine Welt in der alle zaubern können schaffen möchte, dann wäre Magie selbstverständlich. Aber wäre Magie dann noch magisch?
Nur gut dosiert und in den richtigen Händen bleibt Magie besonders und damit auch das, was man unter etwas “magischem” versteht.

Die Magie die auf der Leinwand stattfindet, ist die des klassischen Zeichentrick-Films. Eine sehr schwierige, besondere und schier unmöglich zu meisternde Kunst.

Diesen Zauber vermögen heute nicht mehr viele Studios zu erschaffen. Doch “Studio Ponoc” schafft es!



   Weitere Wertungen


Lissa meint →   Lieblingsfilm

“Magisch und so schön.  Worte die für mich den Film am besten beschreiben. Die Zeichnungen, der Soundtrack und die Geschichte sind so wundervoll produziert worden, dass ich diesen einzigartigen Film gleich in mein Herz schließen konnte.”   (19.04.2019)